Das Thema Urheberrecht und künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde. Bislang konzentrierte sich die Debatte vor allem auf die Auswirkungen, die KI auf die Urheber haben wird. Nur wenige Romanautoren verwerten ihre geschriebenen Romane jedoch selbst. Die meisten arbeiten mit einem Buchverleger zusammen, der den Roman vermarktet. Er verfügt über die wirtschaftlichen Ressourcen und das Know-How, um eine erfolgreiche Vermarktung der kreativen Ergebnisse durchzuführen. Noch weniger verfilmen Drehbuchautoren ihre Werke selbst. Die Verfilmung wird regelmäßig von einem Filmproduzenten übernommen, der die nicht unerheblichen Investitionen trägt. Das Gleiche gilt für Games-Autoren und Games-Developer, die ihre Rechte an den Videospielen zur Verwertung an Games-Publisher übertragen. Buchverlage und Games-Publisher, Filmproduzenten und alle anderen Verwerter sind daher ebenfalls von Fragen rund um KI und Urheberrecht betroffen. Auch für Verwerter gibt es beim Umgang mit KI im Zusammenhang zum Urheberrecht mehrere Dinge zu beachten. Im Fokus des Beitrags soll zunächst der Einsatz von KI durch Urheber und andere Kreative stehen. Was bedeutet er für Rechteverwerter?
Im Ergebnis sehen wir folgende To Dos für Rechteverwerter:
- Transparenzpflicht für KI-Nutzung in Nutzungsverträge implementieren
- Vorsorglich alternative Schutzkonzepte für nicht urheberrechtlich geschützte Inhalte erarbeiten
- Nutzung von KI im kreativen Prozess in Risikoabwägung berücksichtigen
Und weshalb diese ToDos?
Kein urheberrechtlicher Schutz für KI-Erzeugnisse – auch für Verwerter eine Gretchenfrage
Das Wichtigste für Rechteverwerter ist, dass in den allermeisten Anwendungsfällen nicht davon ausgegangen werden kann, dass KI-generierte Erzeugnisse als Werk im Sinne des Urheberrechts urheberrechtlichen Schutz genießen.
Damit ein Urheberrechtsschutz entsteht, muss sich nämlich die Persönlichkeit eines Menschen in dem Kreativinhalt widerspiegeln. Für KI-generierte Erzeugnisse bedeutet das, dass ein ausreichender menschlicher Einfluss auf das spezifische, von der KI erzeugte Produkt bestanden haben muss. Prompter, also die Nutzer generativer KI-Systeme, die die KI mit Prompts, also einer Liste von Keywords füttern, auf deren Basis die KI sodann einen Inhalt generiert, haben zwar zumindest theoretisch einen großen Einfluss auf das generierte KI-Erzeugnis. Wenn sie beispielsweise Midjourney ein Bild nach bestimmten Schlüsselwörtern generieren lassen, geben Sie der KI zwar die Richtung vor, wie das generierte Bild später aussehen soll. Viele Details bleiben allerdings unklar und werden durch die KI allein ausgefüllt. Daher kann der Prompter im Regelfall nicht im Detail vorhersagen, welche kreativen Eigenschaften das KI-generierte Bild im Einzelnen haben wird. Vielmehr liefert der Prompter die Idee, auf die sich die KI bei der Generierung des Leistungsergebnisses stützt. Ideen allein können durch das Urheberrecht aber nicht geschützt werden.
Solange der Prompter bloße Ideen bereitstellt, auf Basis derer die KI sodann konkreten Output generiert, kann es für den Prompter daher keinen urheberrechtlichen Schutz des KI-generierten Erzeugnisses geben. Als Faustregel kann man sich hier fragen, ob der Prompter vom konkreten Erzeugnis überrascht gewesen ist, oder ob er es auf Basis seiner Prompts im Detail vorhergesehen hat. Ganz überwiegend wird bei der Generierung von KI-Erzeugnissen daher kein urheberrechtlicher Schutz des Outputs entstehen, auch wenn dies im Einzelfall sicherlich anders beurteilt werden kann.
Gegebenenfalls müssen alternative Schutzkonzepte erarbeitet werden
Auch wenn dies vordergründig als ein Problem erscheint, welches vor allem KI-Anwender betrifft, ist die Frage aber auch für Verwerter von entscheidender Bedeutung. Denn weil es in der Regel keinen urheberrechtlichen Schutz für KI-Erzeugnisse wie Texte aus ChatGPT oder Bilder aus Midjourney gibt, müssen sie frühzeitig alternative Schutzkonzepte für ihre Inhalte entwickeln. Der wirksamste Ansatz ist hier, bereits von vornherein die rechtswidrige Nutzung ihrer Inhalte zu unterbinden. Schließlich besteht ohne Urheberrechtsschutz ein Durchsetzungsdefizit. Das könnte beispielsweise durch technische Kopierschutzmechanismen oder den Einsatz von Digital Rights Management-Systemen umgesetzt werden. Die Implementierung technischer Kopierschutzmechanismen bietet den Vorteil, dass diese wiederum mit gewissen rechtlichen Mechanismen aus dem Urheberrechtsgesetz abgesichert sind.
Transparenz mit Kreativen ist für Verwerter wichtig
Auf den zweiten Blick kommen für Verwerter die durch das Urheberrechtsgesetz gewährten verwandten Schutzrechte in Betracht. Auch ohne echten urheberrechtlichen Schutz der Kreativinhalte können die Verwerter mit ihrer Hilfe ein ausschließliches für die Verwertung der KI-generierten Erzeugnisse erwerben. In Frage käme zum Beispiel das verwandte Schutzrecht der Film- oder Tonträgerhersteller. Die Rolle von KI-generierten Texten oder Bildern im Rahmen des neuen Leistungsschutzrechts für Presseverleger ist hingegen noch unklar.
Für Verwerter bedeutet die Anwendung der Leistungsschutzrechte allerdings keine bestmögliche Befriedigung ihrer legitimen Interessen. Denn die Schutzfrist ist im Regelfall viel kürzer als der originäre urheberrechtliche Schutz, gewährt werden beispielsweise 25 oder 70 Jahre ab Veröffentlichung des Inhalts. In vielen Branchen kann dies allerdings ausreichen, um die Primärverwertung der Inhalte abzusichern.
Aus Sicht der Rechteverwerter ist schon deswegen wichtig, Transparenzverpflichtungen in die Lizenzverträge mit Urhebern aufzunehmen. Sie müssen wissen, ob und in welchem Umfang KI zur Erstellung der kreativen Inhalte eingesetzt wurde. Denn nur so können sie beurteilen, ob einzelne Teile oder gar der gesamte von ihnen verwendete Inhalt keinen urheberrechtlichen Schutz genießt. Diese Kenntnis ist notwendig, um gegebenenfalls rechtzeitig alternative Schutzkonzepte erbarbeiten zu können.
Darüber hinaus scheint Transparenz für Verwerter auch sinnvoll zu sein, um mögliche Haftungsrisiken zu erkennen, die mit der Nutzung generativer KI-Systeme einhergehen. So sollte ein Filmproduzent, der große Summen in die Produktion eines Films investiert, wissen, ob der Drehbuchautor beim Schreiben des Drehbuchs KI eingesetzt hat. Denn innerhalb gewisser Grenzen produziert KI unvorhersehbare Ergebnisse, zu denen auch Urheberrechtsverletzungen an Werken Dritter gehören können. Auch wenn sogenanntes Overfitting technisch grundsätzlich verhindert werden soll, ist insbesondere nicht ausgeschlossen, dass es zu einer (teilweisen) Übereinstimmung von KI-Erzeugnis und verwendetem, urheberrechtlich geschütztem Trainingsdatum kommt. Nur wenn der Einsatz von KI transparent gemacht wird, können die Verwerter überlegen, ob sie Maßnahmen ergreifen müssen, um die Haftungsrisiken zu mindern.
Transparenz in den Lizenzverträgen mit Urhebern ist schließlich auch wichtig, um beurteilen zu können, ob gesetzliche Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten eingehalten werden müssen. Außerdem kann dies darüber entscheiden, ob beispielsweise Nachvergütungsansprüche in Bestsellerfällen (§ 32a UrhG) geltend gemacht werden können. Wurde kein urheberrechtlich geschütztes Werk geschaffen, weil kein hinreichender menschlicher Einfluss auf das Erzeugnis bestanden hat, ist das nämlich nicht der Fall.
Was tun aus Sicht der Verwerter?
Alles in allem bewegt KI das Urheberrecht nicht nur für KI-Entwickler und Autoren. Auch für Verwerter geht der zunehmende Einsatz generativer KI mit einer langen urheberrechtlichen To-do-Liste einher. Die hier besprochenen Transparenzthemen sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Generell ist es wichtig, proaktiv und schnell zu handeln und die aktuellen urheberrechtlichen Entwicklungen im Detail im Auge zu behalten. Die urheberrechtlichen Nutzungsverträge sollten außerdem schon vor dem Hintergrund notwendiger Transparenzpflichten einer Revision unterzogen werden.
Deshalb hier noch einmal zusammenfassend unsere To Dos für Rechteverwerter:
- Transparenzpflicht für KI-Nutzung in Nutzungsverträge implementieren
- Vorsorglich alternative Schutzkonzepte für nicht urheberrechtlich geschützte Inhalte erarbeiten
- Nutzung von KI im kreativen Prozess in Risikoabwägung berücksichtigen